Liebe Leser! Dies ist der Inhalt eines englischen Podcast-Videos in dem ein schlecht recherchierter Forschungsbericht von Wissenschaftlern anhand wissenschaftlicher Beweise kritisiert und korrigiert wird.
Ich habe versucht, das englischsprachige Video ins Deutsche zu übersetzen- dabei musste ich zum besseren Verständnis einige Sätze oder Wörter leicht abändern und Teile kürzen, aber ich habe mich bemüht, so nah wie möglich am Original zu bleiben.
Dr. Grey Stafford bringt mit seinem Projekt „Zoo Logic“ wöchentliche zoologische Podcasts heraus, die man unter Anderem hier und auf Facebook kostenlos hören kann.
Jede Woche präsentiert „Zoo Logic“ Wissenschaftler, Bestseller-Autoren, Feldbiologen und professionelle Zoomitarbeiter, um über tierbezogene Themen zu sprechen. Dabei geht es um Tiere in freier Wildbahn und solche in Zoos und Aquarien.

Die erste Video-Version eines Podcasts wurde am 28.7.2020 auf YouTube veröffentlicht um eine schlechte Arbeit („Die schädlichen Auswirkungen der Gefangenschaft und des chronischen Stresses auf das Wohlbefinden von Orcas“ von L. Marino, N. Rose, I. Visser, H. Rally, H. Ferdowsian und V. Slootsky) als eine solche zu entlarven, mit Hilfe anderer Wissenschaftler, die sich zusammentaten, um gegen die schlechte Recherche dieser Arbeit vorzugehen, da sie die echte Wissenschaft bedroht.
In dem betreffenden Video kommen Wissenschaftler zur Sprache, die über ihre eigene, von Experten geprüfte, Forschung sprechen und das Problem diskutieren, das entsteht, wenn persönliche Meinung als geprüfte Wissenschaft dargestellt wird.
Dies erzeugt ein falsches Gesamtbild. Das Video möchte mit Hilfe von echter Forschung und realen Daten diesen Bericht korrigieren.
Dr. Stafford stellt im Video zunächst die Wissenschaftlerin Kelly Jaakkola vor, die wissenschaftliche Forschungsleiterin des Dolphin Research Centers und Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats der AMMPA (Alliance of marine mammal parks and aquariums) ist. Sie hat einen Masterabschluss in Psychologie und promovierte in Kognitionswissenschaften. Sie hat unter Anderem den Signaturpfiff bei Tümmlern (Tursiops truncatus) erforscht. Auch die Lebenserwartung von Tümmlern in Zoos und freier Wildbahn war schon Thema ihrer Forschung. Ihre Arbeiten über die Wahrnehmung von Delfinen wurden weltweit in Fachmagazinen, Zeitungen, Büchern und Fernsehen veröffentlicht. Eine Liste ihrer Arbeiten findet ihr hier.
Im Video stellt Kelly Jaakkola den Bericht über die Lebenserwartung von Großen Tümmlern vor, den sie gemeinsam mit Kevin Willis schrieb.
Sie sagt, dass es in der Debatte, ob man Delfine halten sollte oder nicht, und ob es ihnen in einem Park gut geht oder nicht, immer eine wichtige Frage war, wie lange Delfine in Delfinarien im Vergleich zur freien Wildbahn leben.
Der Grund dafür ist, dass bei jedem Tier, Menschen eingeschlossen, die Überlebensraten und Lebenserwartungen Indikatoren für allgemeine Gesundheit und Wohlbefinden sind.
Das Problem ist, dass sie lange Zeit nicht viele aktuelle Daten hatten. Ohne diese Daten passiert es manchmal, dass Menschen etwas erfinden; Zahlen wiederholen, die sie irgendwo gehört haben ohne die Quelle zu kennen; oder alte Daten nutzen, die nicht mehr korrekt sind.
Letztes Jahr (Mai 2019) veröffentlichten sie und ihr Mitarbeiter Kevin Willis eine wissenschaftliche Abhandlung, in der sie die Überlebensraten und Lebenserwartungen aller Tümmler in Haltungen der USA seit 1974 analysierten und diese Daten mit den Daten aus wilden Populationen verglichen.
Sie zeigt im Video diese Grafik, welche die Überlebensraten der drei einzigen wilden Populationen zeigt, von denen zur Zeit diese Daten vorliegen:

Wenn sie Überlebensrate sage, meine sie die Prozentzahl einer Population, die jedes Jahr überlebt. Wenn also 5 % einer Population jedes Jahr sterben, hat diese Population eine 95-prozentige Überlebensrate. Je höher die Überlebensrate ist, desto länger leben diese Tiere. Das Erste was man an der Grafik sieht, ist, dass „die Wildnis“ nicht immer gleich ist! Es gibt Populationen, denen es ganz gut geht, mit hohen Überlebensraten, aber auch solche, wo die Überlebensraten viel niedriger sind.
Sie will von den Dreien nun nur über die mit der höchsten Überlebensrate sprechen, aus zwei Gründen:
1. Es ist die Population aus Sarasota, Florida, die seit Jahrzehnten intensiv studiert wurde. Darum kann man sich auf die erhobenen Daten besonders gut verlassen.
2. Man will natürlich die Messlatte hoch legen für den Vergleich mit in Menschenobhut lebenden Tieren und die beste Situation zugrunde legen.
Die grünen Säulen zeigen die Überlebensraten von Tümmlern die in den letzten Jahrzehnten in Einrichtungen der USA leben und lebten:

Man sieht, dass vor 40 bis 50 Jahren die Überlebensrate noch nicht so gut war. (erster grüner Balken von 1974 bis 1982) Damals wurden noch fast alle Delfine der Wildbahn entnommen und der Fang wird als ziemlich stressig für die Tiere angenommen. Außerdem wussten die Delfinarien damals noch lange nicht soviel wie heute über die Pflege von Delfinen. Sie war Neuland.
Beides änderte sich seither. Seit über 30 Jahren gab es keine Wildfänge mehr für Haltungen in der USA. Der letzte Fang war im Jahr 1989. Die Einrichtungen haben seit damals auch enorm viel über Delfinhaltung gelernt. Daher kann man an der Grafik sehen, wie sich die Überlebensrate kontinuierlich verbesserte. Heutzutage ist die Überlebensrate mindestens so hoch wie die bestmögliche Rate in der freien Wildbahn. Somit leben Delfine in US-Delfinarien heutzutage genauso lang oder länger wie wildlebende Delfine.
Als Nächstes stellt Dr. Stafford im Video den Kollegen von Kelly Jaakkola vor, Kevin Willis. Er ist ein langjähriger, zoologischer Experte, Autor mehrerer Publikationen über die Lebenserwartung von Tieren, von Elefanten bis Orcas, und Dr. Stafford denkt, er spricht im Namen der ganzen Zoo-Gemeinschaft, wenn er ihn als verlässliche Quelle bezeichnet, in Bezug auf Statistiken und Wahrscheinlichkeitsszenarien.
Kevin Willis begrüßt die Zuhörer mit den Worten, er denke, dass Leute sich das Video anschauen, weil sie an Meeressäugern interessiert sind und sich vielleicht Sorgen machen, weil sie gehört oder gelesen haben, dass es zum Beispiel manchen Orcapopulationen nicht gut geht, oder dass es Orcas generell in Zoos und Parks nicht gut geht. Wenn man nach Informationen zum Thema sucht, findet man meist eine verwirrende Mischung, und es kann schwierig sein, herauszufinden, welche Information korrekt ist. Er will darüber sprechen, woher diese unterschiedlichen Zahlen kommen und einige Beispiele nennen. Das erste Beispiel ist eines, wovon man die Antwort bereits kennt, so dass man versteht, wie Zahlen und Daten Verschiedenes bedeuten können.
Er hat zunächst einfach gegoogelt: „Wie lange leben Orcas?“ und es erschienen zwei verschiedene Antworten:

Oben steht, dass Weibchen in Menschenobhut 29 Jahre alt werden können, Männchen 17 Jahre. Und unten steht auf der ersten Webseite die erscheint, im gelb umrandeten Text: „Orcas überleben in Gefangenschaft durchschnittlich weniger als 10 Jahre.“
Das ist ein großer Unterschied für eine Zahl, die gleich sein sollte.
Kevin Willis präsentiert nun mehrere Grafiken von der CDC, die jedes Jahr in den USA Todeszahlen von Menschen aller US-Staaten veröffentlicht.
Wenn man nun wissen wolle, in welchem der Staaten man am Besten leben könne, würde man sich die Zahlen anschauen und in Willis‘ Beispiel sehen, dass Alaska 2017 die niedrigste Anzahl Gestorbener hatte, nämlich 4.411 Tote im Vergleich zu 203.636 Toten in Florida und 268.189 Toten in Kalifornien.
Man könnte nun daraus schließen, dass Alaska der sicherste Staat zum Leben sei, aber wie die Meisten wissen, leben in Alaska viel weniger Menschen als in Florida und Kalifornien, und daher kommt die geringe Anzahl Gestorbener eher von der geringeren Einwohnerzahl als von möglicher Lebensqualität.
Dann hat Kevin Willis die Sterblichkeitsrate der Staaten angegeben, also wie viele Menschen pro 100.000 Einwohner 2017 starben. Nun wanderte Kalifornien vom letzten auf den zweiten Platz nach Alaska in der Reihenfolge, hat also eine der niedrigsten Sterberaten. Florida ist jetzt auf dem letzten Platz, aber Kevin Willis merkt an, dass sehr viele alte Menschen nach Florida ziehen, wenn sie in Rente gehen. Mit mehr alten Menschen im Land ist auch die Sterblichkeitsrate natürlich höher.
In Bezug auf das Alter beim Eintritt des Todes ändert sich die Liste erneut und nun ist Kalifornien an erster, Florida an zweiter Stelle und Alaska nur noch in der Mitte.
Alle Daten sind korrekt erhoben worden, aber sie sprechen eine unterschiedliche Sprache. Man sollte sicher gehen, dass die unterschiedliche Bedeutung der Daten im korrekten Zusammenhang benutzt wird, damit man die Wahrheit sagt und alles auch einen Sinn ergibt.
Dasselbe gilt für die Lebenserwartung der Orcas in Menschenobhut. Besucht man die Webseite „Orca Network“, auf der von „unter 10 Jahren Lebenserwartung“ die Rede ist, findet man heraus, dass sie ihre Daten nur errechneten anhand von Orcas, die bereits starben. Orcas können sehr alt werden und leben erst seit wenigen Jahrzehnten in Menschenobhut. (Ergänzung: 1965 wurde der erste Orca gefangen, 1985 kam der erste Orca in einem Park zur Welt, der erwachsen wurde und selber Kälber hatte) Somit hat man bis zu diesem Zeitpunkt an Toten fast nur Jungtiere, während die 40- und 50 Jahre alten Tiere nicht gezählt wurden. Dann bekommt man natürlich eine niedrige Zahl heraus!
Die Zahl sagt einem daher nichts darüber, wie lange die zur Zeit noch lebendigen Tiere weiterhin leben werden.
Vielleicht ist man gegenüber Webseiten skeptisch, die von Organisationen sind, über die man wenig weiß, und wendet sich daher lieber der wissenschaftlichen Literatur zu.
Doch auch hier findet man kaum übereinstimmende Daten!
Kevin Willis hat zwei Publikationen, die 2015 veröffentlicht wurden, herausgesucht, die beide von Experten geprüft wurden und von diesen als korrekt abgenickt wurden:

Jedoch hatten beide Publikationen ganz unterschiedliche Ergebnisse über die Durchschnitts-Überlebensrate von in US-Zoos lebenden Orcas.
Studie A gab die Rate mit 12,1 Jahren an, Studie B mit 28,8 Jahren. Wer hat denn nun Recht? Studie A, Studie B, beide oder keine davon??
Der Grund für den Unterschied wird klar, wenn man sich anschaut, wie die Rate ermittelt wurde:
Studie A nutzte die Überlebensraten aller Tiere von Geburt an, während Studie B nur die Tiere zählte, die mindestens 40 Tage alt geworden waren. Orcas die eher starben, wurden ausgeschlossen, da man die Daten mit denen von wildlebenden Orcas verglich, und dort werden Kälber in aller Regel nicht vor dem 6. Lebensmonat gesehen!
Um also einen vernünftigen Vergleich zu machen, musste Studie B die früher gestorbenen Tiere ausschließen.
Leider fuhren die Macher von Studie A nun fort, ihre erhobene Überlebensrate mit der von wildlebenden Orcas zu vergleichen. Dieser Vergleich ist ungültig: Man schätzt, dass 40 bis 50 % aller wildlebenden Orcakälber sterben, bevor sie je von den Wissenschaftlern gesehen werden, die diese Populationen beobachten. Also vergleicht Studie A in einem Fall Zahlen, in denen Jungtiersterblichkeit dazugerechnet wurde, mit einem Fall, in dem das nicht getan wurde. Die Daten sind somit nicht vergleichbar.
Kevin Willis‘ Botschaft ist: Man braucht keinen Masterabschluss in Statistik um Ergebnisse auszuwerten. Lest euch immer genau durch:
-Wie lautet die Frage, zu der eine Antwort gegeben wird? Sind die Daten passend dazu?
-Wenn Dinge verglichen werden, werden dazu die gleichen Daten und Methoden verwendet?
-Wenn Daten aus dem letzten Jahrhundert verwendet werden, werden dann die alten Daten mit neuen Daten verglichen oder wird alles einfach zusammengewürfelt?
Denn die Dinge ändern sich, wir werden besser in dem was wir tun, und das sollte beachtet werden.
Als nächsten Gast stellt Dr. Stafford Andreas Fahlman vor. Er ist Wissenschaftler der Oceanographic Foundation von Valencia in Spanien und er studiert als vergleichender Physiologe vor Allem Delfin-Physiologie und -Atmungssysteme und ihre Funktionen.
Andreas Fahlman erzählt, dass er Tiere studiert und versucht, deren körperliche Grenzen zu verstehen, um herauszufinden, wie menschengemachte Veränderungen der Umwelt das Überleben dieser Tiere beeinflussen.
Ein Beispiel ist die Physiologie der Lunge:
-Atemwegserkrankungen sind eine Haupt-Erkrankung und Haupt-Todesursache bei Delfinen,
-Sie sind schwer feststellbar und die Diagnose ist stressig für die Tiere und teuer in der Behandlung,
-die Lungenfunktion ist bei Transport und gestrandeten Tieren schwer zu ermitteln.
Bei in Menschenobhut gehaltenen und wilden Delfinen ist die Atemwegserkrankung ein großes Problem. Wegen der oben aufgezählten Probleme in Diagnose und Behandlung tat er sich 2013 mit den Parks „Dolphin Quest“ und „Sigfried and Roys Secret Gardens“ zusammen, um eine Technik zu entwickeln, bei der man die Lungenfunktion der Delfine messen konnte, sowie eine Spirometrie durchführen konnte. (Spirometrie ist laut Wikipedia die Messung und Aufzeichnung des Lungen- bzw. Atemvolumens und der Luftflussgeschwindigkeit)
Das nutzen Andreas Fahlman und seine Kollegen auch, um zu studieren, wie die Lungen der Delfine in ihrer Anpassung ans Tauchen funktionieren.
Bei Menschen werden vom Pulmologen bei der Spirometrie Kurven aufgezeichnet, die zeigen, ob die Lungenfunktion normal ist, oder im Falle mancher Krankheiten von der Norm abweicht. So kann der Arzt etwa ein Emphysem erkennen und Medikamente dagegen verschreiben.
Für Delfine entwickelten Andreas Fahlman und seine Kollegen die gleiche Methode und konnten die Kurven von gesunden und kranken Delfinen aufzeichnen:

Die weißen Kurven zeigen hier die Lungenfunktionen von gesunden Delfinen, die blaue Kurve zeigt dagegen die stark eingeschränkte Funktion eines kranken Delfins.
Sie konnten damit beweisen, dass dies eine nützliche Methode ist, um Änderungen der Atemwegsgesundheit zu beurteilen. Sie können nun auch feststellen, ob und wie eine Behandlung anschlägt und sich auf die Lungenfunktion auswirkt.
Die Grafik unten zeigt die sich verbessernde Lungenfunktion des geretteten Kleinen Schwertwals „Chester“, der im Vancouver Aquarium gesund gepflegt wurde:

Die erste Messung vom Juli 2014 hier in rot, die zweite vom September in blau und die letzte vom Dezember in schwarz. Sowohl Durchfluss der Luft als auch Lungenvolumen verbesserten sich deutlich. (Chester wurde im Juli 2014 als Kalb, krank und dehydriert, gerettet und vom Vancouver Aquarium gesund gepflegt. Leider starb er dann im November 2017 nach kurzer Krankheit).
Die Methode soll auch an Organisationen weitergegeben werden, die gestrandeten Walen und Delfinen helfen, so dass das Team und die Tierärzte vor Ort Änderungen in der Lungenfunktion feststellen können. Die Tiere liegen am Strand und sind es nicht gewöhnt, eine Tonne oder 500 Kilo Gewicht auf ihrer Brust zu fühlen, und so können die Leute vor Ort feststellen, ob sich die Verfassung der Tiere im Laufe der Zeit verschlechtert oder ob die Tiere Krankheiten haben. Dann können sie die Tiere aussuchen, die gesund sind und diese sofort wieder ins Meer schieben.
Somit stellen Andreas Fahlman und seine Kollegen Geräte her, mit denen man wilden Delfinen helfen kann bzw. deren Funktionsweisen besser verstehen kann und mit denen man die Funktionsweisen bei Tieren in menschlicher Obhut besser einschätzen kann.
Viel Kritik die er zu seiner Arbeit bekommt, lautet: „Ihr könnt keine Tiere für eure Forschung nutzen, die in Menschenobhut leben, weil sie nicht genauso sind wie wildlebende Delfine.“ Aber er hat Studien durchgeführt, in denen er die Geräte mit Hilfe der Delfine in Menschenobhut getestet hat, und konnte zeigen, dass Lungenfunktion und Ruheumsatz bei Delfinen in Menschenobhut; wilden, flach tauchenden Delfinen; und wilden, tief tauchenden Delfinen gleich sind.
Eine andere Behauptung, die er oft hört ist, dass alle Delfine in freier Wildbahn hunderte von Kilometern schwimmen würden. Aber er hat in Kooperation mit dem „Sarasota Dolphin Research Project“ der Chicago Zoological Society und dessen Direktor Randy Wells gearbeitet, um Delfine in Bermuda zu studieren. Randy Wells erklärt in einem Videoclip, wie weit diese Delfine tatsächlich schwimmen:
2016 hat das Team um Randy Wells vor der Küste Bermudas an vier Großen Tümmlern Satelliten-Funksender angebracht und die Bewegungen der Tiere dann zwei Monate lang verfolgt. Drei von ihnen blieben nah bei Bermuda, wobei sie manchmal gemeinsam schwammen, sich aber auch manchmal trennten. Nur der vierte Delfin schwamm weiter weg zu nördlich gelegenen Unterwasserbergen und umschwamm Bermuda dann in weiteren Bögen. So konnte das Team sehr unterschiedliche Bewegungsmuster feststellen. Schutzmaßnahmen für die Delfine um Bermuda und im Atlantik allgemein müssen demnach breit angelegt werden.
Andreas Fahlman findet es daher sehr wichtig, die Delfine in Menschenobhut zu nutzen, auch weil allgemeine Spenden für Forschungsprojekte abnehmen und viele Delfinarien diese Projekte weiterhin finanzieren, und ebenfalls eine unbezahlbare Quelle bieten für das bessere Verständnis zu Einschränkungen und Physiologie dieser Tiere. Auch können in den Delfinarien die entwickelten Geräte zunächst getestet werden, bevor man sie dann, so gewissenhaft wie möglich, zum Studieren der wildlebenden Delfine nutzt. Die Forschung wird damit so wenig invasiv wie möglich.
Dr. Stafford erwähnt, dass er selbst für seine Promotion die Vitalität von Seidenäffchen studiert hat, und die Arbeit von Andreas Fahlman daher sehr interessant findet. Er findet es großartig, dass Datenerhebungen in Verbindung mit dem Erforschen wilder Tiere genutzt werden, in der Hoffnung, das Wohl und die Überlebensfähigkeit dieser Tiere zu erhöhen. Sie werden mit diesen Daten gegen die Kritik vorgehen, der viele (der anwesenden) Forscher im Laufe ihrer Karrieren ausgesetzt waren.
Dann stellt er die nächsten Gäste im Video vor: Heather Hill und Kathleen Dudzinski.
Heather Hill ist Professorin für Psychologie an der St. Marys Universität in Texas. Eine Liste ihrer Publikationen könnt ihr hier sehen.
Kathleen Dudzinski ist Direktorin des Delfinkommunikations-Projekts und Leiterin der Fachzeitschrift Aquatic Mammals. Sie studiert das Verhalten wilder Delfine bereits seit 1990, und hat bereits Populationen von Atlantischen Fleckendelfinen (Stenella frontalis) der Bahamas, Tümmlern im Golf von Mexiko; um Belize; und Japan studiert, sowie an in Menschenobhut lebenden Tümmlern geforscht (im Kolmarden Tierpark, Schweden, Tiergarten Nürnberg und Zoo Duisburg, Deutschland sowie RIMS, Honduras und Dolphin Encounters, Bahamas.

Kathleen Dudzinski zeigt (oben) den Brief, den sie und Heather Hill (gemeinsam mit einigen anderen Forschern – darunter auch Dr. Stafford) an den Herausgeber des Magazins schickten, welches die Arbeit von Marino so unkommentiert veröffentlicht hatte. Sie erwähnt, dass sie und Heather Hill einen Abschluss als Redakteurinnen haben. Heather Hill arbeitet beim „international journal of comparative psychology“ und Kathleen Dudzinski beim Journal „Aquatic Mammals“.
Als die beiden den Vordruck der Arbeit von Marino et al im „Journal of veterinary behavior“ sahen, waren sie besorgt, genau wie viele ihrer Kollegen. Zu diesen Kollegen und Mitarbeitern gehören andere Forscher und Tierärzte (es war ein Tierarzt der sie auf den Bericht von Marino aufmerksam machte). Also Menschen, die selber forschen und mit Tieren arbeiten. Verschiedene Leute beteiligten sich an der Antwort auf die Arbeit von Marino. Sie wollten darüber sprechen, wie man reagiert und eine Gegenschrift verfasst, denn es gibt mehrere Wege das zu tun.
Das Hauptproblem, das sie alle mit dem Bericht hatten, der im „Journal of veterinary behavior“ erschien, waren die irreführenden Details und dürftige sowie fehlerhafte Beweise, die dessen Autoren mal wieder verbreiteten. (Eigener Kommentar: Gerade Ingrid Visser und Naomi Rose sind dafür bekannt, gegen Delfinarien zu hetzen und nutzen dazu auch manipulierte Fotos, in denen Orcas angeblich Wunden haben wo in der Realität keine zu sehen sind, illegales Verhalten wie das Steuern einer Drohne über dem Gelände des Loro Parque und vieles mehr. Ich würde auch so weit gehen und es Lügen nennen, denn Ingrid Visser hat z.B. in ihren eigenen früheren Forschungsarbeiten auch über Rakemarks (Kratzer) bei wilden Orcas geschrieben, von denen sie heutzutage behauptet, diese kämen nur bei in Menschenobhut gehaltenen Orcas vor!)
Diese Autoren mischten also ihre eigenen Überzeugungen in den, von Experten geprüften, Bericht. Das ist für Dudzinski und ihre Kollegen inakzeptabel.
Um auf den Vordruck eines Berichts zu reagieren, kann man zum Beispiel den Herausgeber kontaktieren. Ihr Team tat genau das, denn man kann im selben Magazin eine Gegenschrift veröffentlichen, aber das ist nicht die einzige Möglichkeit.
Heather Hill sagt im Video, sie hatte das Gefühl in den Sozialen Medien einige Kritik für dieses Video zu erhalten, die darauf hindeutete, dass der Weg, den sie damit eingeschlagen hatten, nicht der normale Weg war, den die Leute erwarteten.
Aber sie hatten ja schon versucht, das Problem traditioneller anzugehen und als das nicht funktionierte, wurden sie eben kreativ und suchten nach einem anderen Weg.
Der Beschluss, ein Video darüber zu drehen, resultierte aus dem starken Wunsch, ihren Widerspruch auf jeden Fall bekannt zu machen.
Hier übernimmt erneut Kathleen Dudzinski und erklärt den traditionellen Weg, eine Gegenschrift zu verfassen. Man verfasst eine Antwort zum Bericht im selben Magazin, in dem der Bericht erschien. So kann man Beweise liefern, warum man nicht damit einverstanden ist und die Details für falsch hält. Normalerweise geschieht dies, indem man eine Diskussion mit mehreren Kollegen führt, um festzustellen ob man die einzige Person ist, die ein Problem mit dem Bericht hat, oder ob noch mehr Kollegen diese Ansicht teilen.
Denn Wissenschaft entsteht aus Debatten. Es gehört dazu, dass verschiedene Menschen Daten sammeln oder sich über dasselbe Datenset unterhalten, und davon abhängend wie man diese Daten interpretiert, welche Statistiken man nutzt und welche wissenschaftliche Frage man beantworten möchte, erhält man unterschiedliche Meinungen und Ansichten. Das gehört zur Wissenschaft dazu. Wissenschaft gründet auf unterschiedlichen Annahmen, die entweder zusammenkommen oder auseinanderklaffen können. Dies geht nur in der Gemeinschaft.
Der erste Schritt besteht also darin, festzustellen, ob die eigene Besorgnis über etwas geteilt wird oder ob man damit alleine dasteht.
Wenn nun mehrere Wissenschaftler die Sorge teilen, können sie gemeinsam den Herausgeber des Magazins kontaktieren und das taten Kathleen Dudzinski und ihre Kollegen innerhalb eines Monats nach Erscheinen des Vordrucks.
Sie fragten den Herausgeber, wie sie ihre Gegenschrift veröffentlichen könnten. Es wurde vorgeschlagen, alle Details, denen sie widersprechen wollten, aufzulisten, und das taten sie. Der Herausgeber lehnte es jedoch ab, ihre Gegenschrift zu veröffentlichen, als diese fertig war! Er schlug ihnen stattdessen vor, ihre Anliegen in einem ganz neuen Wissenschaftsartikel zu verfassen. Das war aber nicht angemessen, da sie ja keine neuen Daten gesammelt hatten, sondern Bezug auf die Probleme im Bericht von Marino et al nehmen wollten.
Aus diesem Grund schlugen Dudzinski und ihre Kollegen nun einen anderen Weg ein.
Es gibt mehrere Wege für die Eingabe einer Beschwerde:
Einen Kommentar zum betreffenden Bericht verfassen
Den Herausgeber kontaktieren und mit diesem diskutieren
Einen neuen Bericht schreiben mit Daten, die andere Fakten oder Details präsentieren als im kritisierten Bericht stehen
Die obigen Prozesse können jedoch zwischen 6 Monaten und 1 – 2 Jahren in Anspruch nehmen!
Die Alternativen hierzu werden von Heather Hill wie folgt dargestellt:

Manchmal gibt es eine planmäßige Debatte im selben Magazin, bei der Experten dazu aufgerufen werden, ihre Ansichten zu veröffentlichen, um einen objektiven, wissenschaftlichen Austausch der unterschiedlichen Meinungen zu garantieren. Die Zeitschrift veröffentlicht alle Meinungen und die komplette Debatte gleichzeitig, was den Verfechtern alternativer Ansichten die Möglichkeit gibt, dazu einen Kommentar zu verfassen oder eine andere Studie zu machen, die eine der Meinungen unterstreicht oder ihr widerspricht. Dieser Weg wird heutzutage häufiger eingeschlagen um gemeinsam die verschiedenen Ansichten kontroverser Themen zu veröffentlichen.
Eine andere Alternative ist das Veröffentlichen in verschiedenen Magazinen, dort können Co-Autoren dann ihre Beweise zu unterschiedlichen Meinungen einer Kontroverse einreichen. Mit der Zeit werden so verschiedene Beweise gesammelt, die eine der Ansichten unterstützen oder kontern.
Diese Alternative wurde als eher unprofessionell und untypisch angesehen, aber Heather Hill und ihre Kollegen fanden heraus, dass sie sogar ziemlich häufig angewandt wird. Man findet oft verschiedene Berichte von mehreren Autoren in einer Zeitschrift oder mehreren Zeitschriften.
Kathleen Dudzinski gibt ein Beispiel für solch eine große Debatte innerhalb der Meeressäuger-Haltungen in Bezug auf Delfine: Der Signaturpfiff.
Die Debatte begann Mitte der 60er und ging bis in die 90er. Es gab verschiedene Ansichten über die Funktion des Signaturpfiffs. Die vielen Arbeiten gleicher und verschiedener Autoren-Teams und Wissenschaftler sammelten Daten für eine Vielzahl von Interpretationen. Diese Arbeiten wurden an vielen verschiedenen Orten veröffentlicht, in mehreren Fachmagazinen aber auch Büchern. So kann man eine Vielzahl von Themen auf einer Vielzahl von Podien haben.
Ein weiteres Beispiel ist der Schlaf bei Meeressäugern. Zu dem Thema könnte man eigentlich meinen, alles Wissen sei bereits zusammengetragen worden.
Es gab damals einen Artikel im Magazin „Nature“, der vom Schlaf der Meeressäuger berichtete und in Kritik geriet. Daher sammelte „Nature“ alle Gegenschriften und veröffentlichte alle gemeinsam und verlinkte sie mit dem ursprünglichen Artikel.
Man kann heutzutage Vieles verlinken, wo man früher erstmal lange nach handgeschriebenen Schriften zum Thema suchen musste.
Was ist nun die Auswirkung eines ursprünglichen Artikels im Vergleich zu seiner Gegenschrift? Hier wird es für Kathleen Dudzinski als Herausgeberin und Wissenschaftlerin etwas beängstigend.
Sie und Heather Hill forschten nach, um zu sehen, was mit dem Artikel geschieht, in Bezug auf Zitate und Veröffentlichungen, und was mit der Gegenschrift geschieht:

Der Text oben besagt, dass Gegenschriften eine wichtige Rolle für die Entwicklung der Forschung spielen, indem sie Fehler in veröffentlichten Arbeiten benennen und sicherstellen, dass sich die Wissenschaft selbst korrigiert. Dennoch wurde der Effekt der Gegenschriften in der Praxis nicht getestet.
2011 untersuchten die Autoren des Textes 7 sehr bekannte Arbeiten und ihre Gegenschriften und stellten fest, dass die ursprünglichen Arbeiten 17 Mal häufiger zitiert wurden als ihre Gegenschriften, und dass die jährliche Anzahl von Zitaten unbeeinflusst blieb von Gegenschriften. 95% aller Leser übernahmen die Thesen der ursprünglichen Arbeit kritiklos, wenn Zitate von Gegenschriften fehlten.
Wenn Gegenschriften zitiert wurden, hatte die zitierende Quelle meist eine neutrale Ansicht zur ursprünglichen Arbeit und 8% nahmen sogar an, die Gegenschrift sei einer Meinung mit der ursprünglichen Arbeit! Insgesamt waren nur 5% aller Zitate kritisch in Bezug auf die Original-Arbeit.
Das Resultat hieraus ist, dass man die existierende Art der Veröffentlichung dringend ändern müsste, um sicherzustellen, dass Gegenschriften immer gut sichtbar mit der ursprünglichen Arbeit verlinkt werden.
Heather Hill zieht daraus den Schluss, dass es umso wichtiger ist, dass bereits ursprüngliche Arbeiten eine gute Qualität haben. Wenn Forscher persönliche Ansichten in die von Experten geprüfte Arbeit einfließen lassen, und die Objektivität verlassen, die eine solche Prüfung eigentlich sicherstellen sollte, und solche Arbeiten dann veröffentlicht werden, haben leider Gegenschriften nicht annähernd die gleiche Wirkung wie die ursprüngliche Arbeit. Denn die meisten Menschen nehmen sich leider nicht die Zeit, den ganzen Umfang an Quellen anzuschauen.
Aus Sicht einer Zeitschrift, eines Herausgebers oder eines Forschers betrachtet, ist es immens wichtig, die Fakten schon beim ersten Mal korrekt darzustellen und diese objektiv zu behandeln.
Kathleen Dudzinski unterstreicht diese Aussage noch einmal, indem sie ganz klar sagt:
In wissenschaftlich geprüften Arbeiten gibt es keinen Platz für persönliche Meinungen.
Persönliche Meinung inspiriert Forschung und wissenschaftliche Prozesse, aber eine wissenschaftliche Arbeit sollte nicht auf diesen Meinungen basieren.
Als letzten Gast des Podcasts stellt Dr. Stafford nun Jason Bruck vor. Jason Bruck forscht über Erinnerungsvermögen, Ökologie, Kommunikation und Evolution der Wirbeltiere.
Eine Liste seiner veröffentlichten Arbeiten findet ihr hier. Er hat unter Anderem schon mit den Tümmlern im Brookfield Zoo und Dolphin Quest Bermuda gearbeitet.
Jason Bruck ist der Assistenzprofessor für Biologie an der Stephen F. Austin Staatsuniversität, Texas. Er benutzt die Arbeit von Marino als Fallstudie, und seine Co-Autoren sind Kelly Jaakkola, Richard Connor, Stephen Montgomery und Stephanie King:

Kelly Jaakkola arbeitet, wie bereits erwähnt im Dolphin Research Center, Jason Bruck an der Stephen Austin State University, Richard Connor an der University of Massachusetts und Stephen Montgomery und Stephanie King an der University of Bristol.
Das Team um Jason Bruck fand Marinos Arbeit so ungeheuerlich, dass es eine Stellungnahme erforderte, in der Marinos Arbeit als Fallstudie für das Phänomen genutzt wurde, welches Tierrechts-Ansichten als legitime wissenschaftliche Abhandlungen ausgibt.
Er denkt, viele im Team waren verblüfft, dass die Arbeit von Marino es durch die Experten-Prüfung schaffte. Damit schien die Arbeit das Paradebeispiel zu sein für ein Vordringen von Meinungskommentaren in wissenschaftliche Zeitschriften.
Jason Bruck und sein Team wollten nicht Stellung beziehen zu Orcas in Menschenobhut, weil das für sie hier nicht das Problem war, das Problem war fehlerhafte Wissenschaft.
Sein Team hatte Co-Autoren, die unterschiedliche Ansichten zur Orcahaltung hatten. In diesem Fall stärkte dies seine Kritik, weil es nicht um irgendeine Agenda ging, sondern nur um die Absicht, für gut gemachte Wissenschaft zu werben.
Jason Bruck sagt, der Bericht von Marino et al von 2019 ist nicht mehr als eine Reihe von Ideen ohne viele legitime wissenschaftliche Beweise. Sein Team fand, der Bericht sollte nicht als Beweis gesehen werden für Stress bei Orcas, wenn es darum geht, Anti-Delfinhaltungs-Gesetze durchdrücken zu wollen. Tierschutzgesetze müssen auf guten, seriösen, wissenschaftlichen Ermittlungen basieren.
Die Fallstudie seines Teams von 2020 (sowie die Gegenschrift von Dudzinski et al ) macht es schwerer für interessierte Parteien, zu behaupten, sie hätten Beweise für schädlichen Stress bei Orcas, obwohl es diese Beweise gar nicht gibt.
So nutzte das Team die Arbeit von Marino et al von 2019 als abschreckendes Beispiel und als Hilfsmittel, um für gut recherchierte Wissenschaft zu werben. Nicht nur um der Wissenschaft willen, sondern wegen der Wirkung, die Wissenschaft auf Politik und Tierschutz allgemein hat.
Jason Bruck sagt, Marinos Arbeit von 2019 leidet unter vielen entsetzlichen Problemen, aber einige die am Auffälligsten sind, kommen von der irreführenden Wortwahl, total blamablen Fehlinterpretationen von älterer Literatur zum Thema, und den weitgehend vorschreibenden Empfehlungen, die auf fehlerhafter Argumentation beruhen.
Diese wird von den Autoren auch in den Medien eingesetzt, sowie in Form von legislativen (gesetzgebenden) Aussagen als Beweis für schädlichen Stress bei Orcas ohne echte Fakten, die diese Schlussfolgerung untermauern.

Oben zu sehen ist ein Beispiel der Verstöße, die Jason Bruck in der Arbeit von Marino fand. Hier nutzen Marino et al das Wort „warum“ im Satz „Erklärung, warum gefangene Orcas chronischen Stress erleiden“ um zu unterstellen, dass in Menschenobhut lebende Orcas unter chronischem Stress leiden, ohne dass es in ihrer Arbeit einen Beweis dafür gibt, der dieses Fazit unterstützt.
Marino et al schreiben, dass frühere Arbeiten keine Erklärung dafür hätten, warum gefangene Orcas unter chronischem Stress leiden. Damit behauptet sie, dass Orcas auf jeden Fall unter chronischem Stress leiden. Sie hat aber keine Fakten, um so etwas zu behaupten.
Genauso häufig kommen in ihrer Arbeit Fälle vor, in denen irreführende Aufzählungen von Forschungen Anderer zitiert werden:

In diesem Beispiel gibt Marino eine Durchschnitts-Lebenserwartung für wildlebende männliche und weibliche Orcas an und zitiert dabei eine Arbeit von Olesiuk et al.
Sie gibt dabei die Lebenserwartung für Weibchen mit 46 Jahren und die der Bullen mit 31 Jahren an. Wenn man aber recherchiert, was die Arbeit von Olesiuk tatsächlich beinhaltet, sieht man, dass die Angaben variieren, da sie von verschiedenen Populationen stammen. Olesiuk gibt das Durchschnittsalter für Weibchen mit 30 bis 50,2 Jahren an und das der Bullen von 19 bis 31 Jahren.
Somit pickte sich Marino et al in ihrer Arbeit von 2019 nur die höheren Zahlen heraus um ihr eigenes Argument überzeugender zu machen. Das ist wissenschaftlicher Amtsmissbrauch, ein Unding.
Vorschreibend – „weil wir es sagen“. Hier nennt Jason Bruck ein weiteres Zitat aus Marinos Arbeit von 2019: „Wir schließen daraus, dass Orcas schlechte Kandidaten sind um in Gefangenschaft gehalten zu werden und empfehlen, dass eine radikale Veränderung ihrer Pflege nötig ist, um ihre komplexen Bedürfnisse zu erfüllen.“ Marino et al 2019 p. 69 Abstract.
Ohne Beweise zieht die Arbeit von Marino et al 2019 Schlussfolgerungen und sagt Anderen, was zu tun sei. Das ist unverhohlen deutlich und keine natürliche Schlussfolgerung, die auf wissenschaftlichen Beweisen beruht. Vor allem, da sie sich auf einen Experten für PTSD (posttraumatische Belastungsstörung) beim Mensch verlassen, um unberechtigte Vergleiche zwischen dem Verstand zweier Arten zu ziehen, die hundert Millionen Jahre der Evolution auseinander liegen.
(Ergänzung: Im Zitat von 2014 sagt Marino: „Die Forschung zeigt, dass Tiere gesetzlich als Personen anerkannt werden sollten.“ Was ihre Tierrechts-Gesinnung deutlich zeigt, denn es gibt viele Tierrechtler die Menschenrechte für Tiere fordern, was völlig absurd wäre. Tiere können sich vor Gericht nicht selbst verteidigen, Raubtiere müssten bei jedem Töten eines anderen Tieres wegen Mord angeklagt werden, auch wäre das Nutzen von Fleisch und anderen Tierprodukten illegal und konsequenter Weise auch das Bekämpfen von Flöhen, Zecken, Läusen, Pflanzenschädlingen und anderer Parasiten. Ein in meinen Augen völlig absurdes Szenario.)

Jason Bruck liest eins der Zitate von Lori Marino vor, die 2017 bei Nat Geo erschienen sind. (Darunter findet man viele unbestreitbare Beweise für eine Vermenschlichung von Tieren): „Es geht nicht darum, die Becken ein bisschen größer oder tiefer zu machen, oder sie (die Delfine) zu zwingen, „natürlichere“ Verhaltensweisen aufzuführen. Das ganze Vorhaben, Waltiere für Unterhaltungs- und/oder Forschungszwecke zu halten, funktioniert einfach nicht, und die wissenschaftlichen Daten zu diesem Thema sind glasklar. Es gibt zur Zeit keinen Raum für Interpretation oder Debatten. Waltiere führen kürzere und gestresstere Leben in Marineparks und Aquarien als ihre wilden Artgenossen.“
Wissenschaft fängt aber nicht mit einer Antwort an. Sie ist ein Prozess und man darf nicht zu dem, wie man selber glaubt, Ende springen und die Debatte dann für beendet erklären. So funktionieren Wissenschaft und wissenschaftliche Meinungsbildung nicht.
Der Widerstand gegen Marinos Arbeit von 2019 ist nicht von einer Pro-Delfinarien-Agenda motiviert, sondern von einer Agenda für vernünftige Wissenschaft.
Marino fordert seit Jahren eine Beendigung der Diskussion, obwohl es kaum genug Daten zum Thema gibt.
Hier geht es nicht um Klimawandel, wo die Wissenschaft wohlbegründet ist.
Es gibt keine grundlegenden Cortisol-Messungen, die man einfach zwischen freilebenden Orcapopulationen vergleichen könnte, es gibt keine kompletten Daten zur Lebensdauer von wilden Orcas, besonders wenn man gefangene Orcas von Geburt an dazuzählt, die wilden aber erst ab dem 6. Lebensmonat und deren Totgeburten einfach komplett weglässt.
Eine Debatte über Stress bei gefangenen Orcas für beendet zu erklären, unterstützt vielleicht die Absichten der Tierrechtsbewegung, aber den Walen und anderen Tieren, die Thema solch fehlerhafter Forschung werden, hilft es nicht.
Im zweiten Teil seines Videos lässt Dr. Stafford die anderen Wissenschaftler diskutieren und ihre eigenen Gedanken zu diesem Thema formulieren.

Oben links nach rechts: Heather Hill, Grey Stafford, Kathleen Dudzinski
Mitte: Andreas Fahlman, Kevin Willis, Jason Bruck
Unten: Kelly Jaakkola
Kathleen Dudzinski beginnt die Diskussion mit einer Erinnerung aus ihrer Hochschul-Zeit. Ihr Studienberater und ihr Komitee sagten ihr, wie wichtig Kollegenkontrolle (Peer-Review-Begutachtung) ist, und Kritik zu erwarten. Zu erwarten, dass ihre erste Arbeit nicht akzeptiert werden würde. Dass sie die Arbeit überarbeiten und erneut einreichen müsste, denn ihre Ansicht sei nur eine von vielen. Andere, die dieselben oder ganz andere Daten hinzuziehen, könnten eine neue Ansicht einbringen. Ihr wurde beigebracht, dass ihre Arbeiten mit solch konstruktiver Kritik nur besser werden könnten, denn wenn man über etwas schreibt oder forscht, ist man dem Thema so nah, dass man wie mit Scheuklappen arbeitet und gegenteilige Ansichten übersehen kann. Auch sie hätte schon Kritik bekommen, die weh tat und andere Kritik, die zum Teil lobend war und zum Teil bessere Arbeit von ihr verlangte. Auch sie war von verletzender Kritik manchmal tagelang frustriert, doch dann raffte sie sich auf und fragte sich, wie sie es besser machen könnte. Jüngere Wissenschaftler sollten diesen Prozess auch durchmachen und als nützlich erkennen.
Zusätzlich dazu, dass Wissenschaftler sicherstellen müssen, dass ihre Arbeit die Kontrolle von Kollegen besteht, sollten sie sicherstellen, dass ihre fundierten Arbeiten für die Allgemeinheit, inklusive Sozialer Medien, präzise und einnehmend sind, so dass die Menschen mehr auf diese korrekten Arbeiten hören, als auf anderes Zeug was veröffentlicht wird.
Dr. Stafford fasst zusammen, was laut Dudzinski für verschiedene Interessengruppen unangenehm ist:
Dass sie sich der Kritik an ihrer Arbeit stellen und diese vielleicht überarbeiten müssen, woraufhin die Arbeit vielleicht erneut kritisiert wird, usw. Er gibt dabei zu, dass sie alle sicher schon etwas geschrieben haben, wovon sie zunächst völlig überzeugt waren und eine Woche später erkannten sie, dass es doch nicht so gut war. Diese Erkenntnis ist in seinen Augen etwas, was heutzutage nicht genug geschätzt wird.
Wenn man sich die aktuelle Situation mit dem Coronavirus in den USA anschaue, gäbe es Leute, die Wissenschaftler dafür kritisieren, dass sie vor Monaten die bestmöglichen Vermutungen anstellten, die sie machen konnten. Sie würden nun behandelt, als ob sie gegen die Öffentlichkeit arbeiten würden, in einer Art Schattenstaat-Verschwörung.
Dabei funktioniert Wissenschaft eben so: Man schlägt eine Idee vor, diese wird überprüft und dann werden Anpassungen vorgenommen, sobald man neue Erkenntnisse hinzu gewinnt. Es gibt also eine falsche Wahrnehmung zur Funktionsweise der Wissenschaft.
Kelly Jaakkola möchte noch etwas hervorheben, das Jason Bruck zuvor (von Marino) zitiert hatte, und das sie schon mehrfach gehört hatte: Nämlich, dass es keine weitere Diskussion mehr geben müsse, da es schon alle Fakten zum Thema gäbe.
Sie kennt aber nicht ein einziges Fachgebiet, in dem behauptet wird, es gäbe schon alle verfügbaren Daten und die Forschung sei beendet. So wäre es nun einmal nicht. Dennoch hat auch sie diese Behauptung schon gehört, und findet es wichtig, zu betonen, wie bizarr sie ist.
Dr. Stafford wirft als Beispiel die Kalte Fusion ein (eine Hypothese einer nuklearen Reaktion, von der man noch nicht weiß, ob sie funktioniert).
Jason Bruck findet, dass die Wissenschaft den folgenden Prozess durchläuft: Sie beginnt mit Beobachtungen, aus denen Hypothesen werden. Diese muss man dann überprüfen. Wenn dann genügend Leute diesen Ideen zustimmen, werden aus den Hypothesen irgendwann Theorien. Auch diese werden dann noch hinterfragt.
Es gäbe unendlich viele Evolutionsbiologen, die Karriere damit machten, die Evolution zu hinterfragen. Also gäbe es selbst bei Dingen, die Biologen als gesicherte Wissenschaft ansehen, immer noch ständige Anfechtungen.
Darum könnten sie die Debatte nicht beenden, niemand solle sagen: „Alles ist geklärt, alles ist beendet.“
Sollte jemals jemand mit der ultimativen Arbeit ankommen, die Evolution oder Klimawandel oder Schwerkraft in Frage stellt, werde diese Arbeit sich wacker schlagen. Sie würde in wissenschaftlichen Magazinen wie „Nature“ veröffentlicht.
Es gäbe eine große Motivation für Forscher, sich gegenseitig herauszufordern. So funktioniere der wissenschaftliche Prozess.
Die Kritik, sie könnten die Arbeit von Marino et al 2019 nicht anfechten, oder müssten es auf eine ganz bestimmte Weise tun, sonst sei es nicht akzeptabel, findet Jason Bruck heuchlerisch und lachhaft.
Forschung kann auf alle möglichen Arten kritisieren. Als Beispiel nennt er die Debatte zum Signaturpfiff bei Delfinen. Es gab damals Artikel, die titelten: „Der Irrtum über Signaturpfiffe.“ Nicht gerade subtile Kritik, die so in verschiedenen Zeitschriften stattfand.
Wenn man jemanden kritisiert, kann derjenige sich nicht aussuchen, wie man das tut.
Kathleen Dudzinski fügt hinzu, dass diese Diskussionen auch auf Konferenzen stattfinden, auf denen Debatten richtig hitzig werden können. Man kann auch in geschriebenen Berichten hitzig werden, aber wenn die Leute sich auf einer Konferenz gegenüber stehen und sich beleidigen, ist das ein ganz anderes Level von Zurückweisung der eigenen Ideen und Austausch gegenteiliger Ansichten.
Das Konzept von Wissenschaft besteht daraus, Daten zu sammeln, um eine Hypothese entweder zu unterstützen oder zu widerlegen. Und zumindest in der Verhaltensforschung, anders als in Biochemie oder Physik, kann man nie etwas zu 100% beweisen. Denn sobald man meint, etwas wäre zu 100% wahr, bekommt man die Ausnahme von der Regel.
Dr. Stafford wirft ein, dass Beweise etwas Mathematisches sind, nichts Wissenschaftliches. Man verschließt seinen Verstand davor, darüber nachzudenken, was noch alles möglich wäre, wenn man etwas zu 100% als gesichert ansieht.
Kevin Willis erwähnt, dass Menschen schon im 16. Jahrhundert glaubten, die Forschung sei beendet, nachdem Sir Isaac Newton sein Naturgesetz veröffentlichte. Aber offensichtlich war sie nicht beendet und es gab noch genug herauszufinden. Das wird auch weiterhin immer so sein, glaubt er.
Es gäbe eine lange Tradition, dass Menschen behaupteten, die Forschung sei beendet und man würde jetzt mit dem weiterleben, was man bereits weiß, und diese Behauptung sei einfach falsch.
Dr. Stafford erwähnt die Debatten der Physiker und Quantenphysiker des frühen 20. Jahrhunderts. Das seien heftige, gedruckte Kämpfe gewesen, während sie privat vielleicht wundervolle Gespräche über Schnaps oder anderes hatten, doch in den Fachmagazinen hätte ein echter Kampf stattgefunden, um die alten Theorien zu verwerfen oder ihre Anwendbarkeit auf altbewährte Situationen zu limitieren und die bizarre Welt der Quantenmechanik zu akzeptieren.
Andreas Fahlman findet die Gegenschriften wichtig, um mit dem Diskussionsprozess weiterzumachen. Er findet es verstörend, dass Dudzinski und Hill im selben Magazin, in dem Marinos Arbeit erschien, keine Gegenschrift veröffentlichen durften. Vor allem, falls dieses Magazin bekannt sei und einen guten Ruf habe, sei diese Vorgehensweise besorgniserregend. Er fragt sich, warum sowas passiert, denn es sei zwar schmerzhaft, wenn jemand mit den eigenen Ansichten nicht übereinstimme, aber das sei eben Teil des Ablaufs. In 90% aller Fälle liegt man, laut Andreas Fahlman, falsch und sollte das auch akzeptieren. Wenn man diese Botschaft am Ende der Hochschulzeit nicht begriffen habe, werde man sie bald als Post-Doktorand begreifen. Wenn man es dann immer noch nicht begriffen habe, sollte man zurück zur Hochschule gehen.
Er denkt, dass die meisten Wissenschaftler ihr Bestes geben, und zu akzeptieren, dass man falsch liegt und es zuzugeben, sei gut. Er würde lieber selbst zugeben, dass er falsch läge, als dass jemand anderes ihn erst darauf stoßen müsse. Das hält er für einen wichtigen Prozess.
Als Redakteurin eines Magazins möchte Heather Hill hinzufügen, dass es als Herausgeber wichtig ist, objektiv zu bleiben. Auch wenn man mit einer These nicht übereinstimmt, sollte man nicht urteilen oder über eine Arbeit entscheiden. Wenn man also eine Information von einem oder mehreren Experten bekomme, läge es in der Verantwortung des Herausgebers, dann zu entscheiden, ob diese akzeptabel sei: Bekomme er objektive Berichte oder solche, die mit persönlichen Meinungen verflochten sind? Kommen im Bericht persönliche Ansichten vor? Dann habe der Herausgeber eine immense Verantwortung (…) und die ultimative Verantwortung eines Redakteurs sei es, objektiv zu sein. Dr. Stafford stimmt zu, man könne über das Verfahren streiten, aber am Ende ginge es doch um den Inhalt.
Jason Bruck fügt hinzu, dass der normale Fall ist, dass jemand gewisse Daten veröffentliche, etwas dabei nicht bedacht habe, es deswegen Vorbehalte gäbe und dann eine Anfechtung der Daten. Daraufhin komme es zur Neubewertung dessen, was die Hypothesen bedeuten oder die Untermauerung der Hypothesen.
Hier sei es anders. Hier sei etwas sehr Konkretes veröffentlicht worden, und Unerhörtes geschehen; schon der Missbrauch von Textbelegen hätte zu einer sofortigen Ablehnung der Arbeit von Marino et al 2019 führen sollen.
„Es ist schwerer, eine Lüge zu zerstören, als die Lüge selbst zu erschaffen.“ (Jason Bruck erwähnt „Brandolini’s Leitsatz“, er lautet, dass es viel mehr Energie kostet, Blödsinn zu widerlegen, als diesen zu produzieren.)
Die Leute um Marino hätten nicht damit gerechnet, dass Andere sich die Mühe machen würden, alles genau durchzugehen, die ganzen Literaturhinweise zu finden, zu überprüfen, was diese wirklich aussagen, und dann die wirklichen Aussagen dieser Wissenschaftler zu formulieren. Diesen ursprünglichen Wissenschaftlern sei ein Bärendienst erwiesen worden, als ihre Forschung missbraucht wurde, und er denkt, das konnte nur absichtlich getan werden. Sowas könne man nicht unabsichtlich tun, außer man habe die Literatur nicht gelesen, aus der man zitiert.
Dr. Stafford hält das für das ungeheuerlichste Beispiel der näheren Vergangenheit, aber auch in früheren Arbeiten, wie der, die Kevin Willis zitiert hatte, sei es schon der Fall gewesen, dass es ein bestimmtes Ziel gab, für das die Autoren einen unzulässigen Vergleich machten und sich dann selbst beweihräucherten, weil sie in einem bekannten Wissenschaftsmagazin erschienen. Dieser Weg habe sich verbreitet und viele Menschen glaubten jetzt daran.
Wenn sich solche misslungenen Berichte einschleichen, sagt Kathleen Dudzinski, ist das ihrer Meinung nach auch die Schuld des Herausgebers. Denn der Herausgeber erlaubte es, dass dieser Bericht erschien.
Sie bekam schon einige Berichte zugeschickt, die sie noch beim Überprüfen ablehnen musste, wo sie zurückschrieb: „Es tut mir leid, aber Sie haben in Ihrem Bericht keine Beweise für Ihre Schlussfolgerungen.“ Wenn also verschiedene solcher Punkte enthalten seien, könne man solch eine Arbeit nicht veröffentlichen. Wenn die Arbeit so unerhörte Aussagen enthalte, müsse sie als Herausgeberin leider ablehnen. Wenn die Fakten für solche Behauptungen fehlten, sollten diese nicht in der Arbeit enthalten sein.
Andreas Fahlman fragt sich, warum die Arbeit dann nicht zurückgezogen wurde vom Herausgeber der Fachzeitschrift. Schließlich gäbe es nun zwei Veröffentlichungen mit Punkt für Punkt aufgelisteten Einschränkungen dieser Studie, und wie dort Daten in ihren Aussagen missbraucht wurden. Die Arbeit hätte abgelehnt werden müssen.
Kathleen Dudzinski antwortet, sie hält sich nicht für geeignet, um noch mehr zu dem Thema zu sagen, außer, dass er den Herausgeber kontaktieren solle; dann würde er vermutlich dieselben spitzen Antworten bekommen, die sie bekommen habe. Mehr möchte sie dazu nicht sagen.
Dr. Stafford übernimmt das für Kathleen Dudzinski und sagt, es habe im Grunde genommen eine Mauer gegeben. Es habe keine echte Aufmerksamkeit gegenüber dem Inhalt ihrer erhobenen Bedenken gegeben. Es sei nur darum gegangen, dem eigenen Ablauf zu folgen, der nur zur Veröffentlichung des geprüften Berichts führen konnte. Es sei fast schon eine Zurückweisung gewesen und zwar nicht nur von der Chefredakteurin, sondern auch von jemandem in ihrem Ausschuss, die sich weigerten, auch nur anzuerkennen, dass es einen Fehler oder fehlerhafte Prozesse während der Expertenprüfung gegeben haben könnte. Das sei für ihn sehr beunruhigend gewesen. Es habe keine Bereitschaft gegeben, auch nur in Erwägung zu ziehen, dass die Zeitschrift vielleicht einen Fehler gemacht hat, und wenigstens eine Stellungnahme dazu herausgeben zu wollen.
Kathleen Dudzinski stellt sich deswegen die Frage, wie es mit anderen Artikeln aussieht, die von dem Fachmagazin herausgegeben wurden. Wenn immer auf diese Weise geprüft würde, und jedes Mal so auf Kritik reagiert würde, was dann? Zumal sie nicht nur ein einzelnes Problem mit dem Artikel von Marino et al hatte, sondern eine ganze Liste Probleme, und ihre Emails an den Herausgeber seien dennoch komplett ignoriert worden.
Dr. Stafford merkt an, dass man heutzutage als Wissenschaftler in der unangenehmen Situation ist, mehr Pressearbeit machen zu müssen, medienerfahrener und aktiver sein zu müssen, und das ist keine Rolle, auf die man in der Hochschule vorbereitet wurde, zumindest nicht, als er auf der Hochschule war. Stattdessen sei ihnen beigebracht worden, die Daten und Dokumente für sich sprechen zu lassen. Dann würde alles gut werden und die Wahrheit würde siegen. In dieser Welt lebten sie aber nicht mehr. Als Wissenschaftler würden viele von ihnen aufgefordert, bei Nachrichtenagenturen wie CNN aufzutreten.
Er fragt die Anwesenden, wie es ihnen damit geht und welche Herausforderung das für sie darstellt, vorausgesetzt, dass sie eigentlich nur losgehen und Wildtiere oder Zootiere erforschen wollen.
Kathleen Dudzinski erzählt, dass sie sich nach Beenden der Hochschule dazu entschloss, für ihren Post-Doktortitel nicht die typische Akademikerlaufbahn zu wählen, weil es ihr zur damaligen Zeit, Mitte der 90er, nicht erlaubt gewesen wäre, mit der Öffentlichkeit oder mit Aquarien zu arbeiten. Das sei damals nicht erwünscht gewesen.
Heutzutage bräuchten viele Studenten, die promovieren, mehr Reichweite oder einen breiteren Einfluss ihrer Forschung. Es ginge nicht mehr nur um die Überprüfung durch Kollegen. Sie würden nicht mehr im Elfenbeinturm sitzen. Und obwohl sie keine Akademikerin sei, sieht sie, wenn sie mit Kollegen wie Heather, Jason und anderen spricht, dass solche Kurse scheinbar nicht gegeben würden. Aber sie hält diese Kurse für notwendig, damit die Studenten später die Fähigkeit hätten, mit der Öffentlichkeit bzw. vor Publikum zu sprechen, doch sie bekämen das Rüstzeug dafür nicht ausgehändigt.
Sie selbst habe das Glück, am Anfang ihrer Karriere den Umgang mit Medien beigebracht bekommen zu haben. Sie wurde gebeten, bei einigen Programmen mitzumachen und ihr wurde geraten, gewisse Dinge zu beachten, wie zum Beispiel Fragen nicht mit einer Verneinung zu beantworten, oder zu versuchen, ihre Antworten kurz zu fassen und prägnante Zitate zu benutzen.
Aber wenn man es den angehenden Wissenschaftlern nicht beibringen würde, würde die Öffentlichkeit sie und ihre Botschaften nicht verstehen, weil Wissenschaftler dazu neigen, komplizierte Beschreibungen der Forschung abzugeben.
Kelly Jaakkola sagt, sie habe Dr. Staffords Frage so verstanden: „Wie sehr ist das ein Problem für dich?“ doch das wäre für sie so, als würde man sie fragen: „Wie sehr ist die Schwerkraft ein Problem für dich?“ aber das spiele keine Rolle, denn Schwerkraft existiere nun mal, so sei die Welt in der wir leben. Und in dieser Welt bräuchten sie Wissenschaftler, die ihre eigenen Auffassungen schildern. Also statt zu fragen, wie es sie beeinflusst oder belästigt, fände sie es produktiver, zu fragen: „Wie können wir, nicht nur als Forscher, besser darin werden?“ Denn das sei wichtig, aber wie könnten sie die richtigen Schauplätze finden, um ihre Ansichten zu schildern?
Dr. Stafford meint, genau das sei sicher frustrierend für Jason Bruck. Sie hätten früher darüber gesprochen, dass die Autoren um Marino diejenigen seien, die von FOX oder anderen Medien spontan angerufen würden, anstatt Jaakkola, Bruck, Hill oder Fahlman anzurufen.
Jason Bruck stimmt zu; die Medienleute würden sicher nicht mit einem Literaturindex dasitzen und versuchen, herauszufinden, wer die besten Wissenschaftler wären, wenn sie ein Zitat für einen Bericht haben wollten. Er würde, wenn überhaupt, angerufen zu Dingen, die gar nicht in seinem Arbeitsbereich lägen (…), während er bei Themen, wo er selber gerne einen Kommentar zu abgeben würde, sieht, dass wieder Autoren der Arbeit von Marino et al 2019 zitiert würden, von denen er sich denke: „Du hast nie mit diesem Tier gearbeitet, du hattest nie mit diesem Tier zu tun, du hast davon gar keine Ahnung! Du hast nie etwas darüber publiziert!“
Wie könne man also als Wissenschaftler das Gleichgewicht wieder herstellen? Er meint, es gäbe mehrere Wege.
Er habe 2013 seinen Doktortitel bekommen und im selben Jahr sei der Film „Blackfish“ herausgekommen. (Anmerkung: Blackfish ist ein von Tierrechtsaktivisten gedrehter Propagandafilm, in dem mit falschen Aussagen, gezielt eingeblendeten Bildern, trauriger Musik und dunklen Farben Stimmung gegen die Orcahaltung gemacht wird und suggeriert wird, den Tieren ginge es in Menschenobhut schlecht).
Für ihn sei das so etwas wie eine Feuertaufe gewesen, weil ihn der Film so aufgeregt habe. Er sei online gegangen und habe gesehen, wie Blackfish als Tatsachenbericht dargestellt wurde. (Auch im deutschen Fernsehen wird der Film als „Dokumentation“ ausgestrahlt, obwohl es eine Stimmungsmache Einzelner ist, die von vielen Experten nicht unterstützt wird.)
Dort wollte Jason Bruck also ansetzen, nicht unbedingt als Wissenschaftler, aber als besorgter Bürger, was für ihn hart gewesen sei, wo er doch 12 Jahre lang an seinem Doktortitel gearbeitet habe, und sich jetzt mit Laien auf Facebook herumschlagen musste, die diesen Film gerade gesehen hatten und nun glaubten, sie seien Experten. Plötzlich habe es keine Rolle mehr gespielt, dass er 12 Jahre Erfahrung hatte. In den sozialen Medien sei man gleichgestellt, es gäbe keine Leistungsgesellschaft mehr.
In dieser Debatte endet man also laut Jason Bruck in einer Position, in der man gezwungen ist, Fakten und Vernunft zu benutzen, anstelle des eigenen Abschlusses oder der Liste eigener Publikationen. Dafür interessierten sich die Nutzer der sozialen Medien nämlich nicht. Stattdessen müsse man ständig Beweise liefern. Er folgert: „Damit wird man zwar nicht die Meinung einer Person ändern, die völlig von Blackfish überzeugt ist, aber man beeinflusst diejenigen, die vielleicht bei dieser Debatte mitlesen.“ Und etwas, das man immer sehen wird, was von solchen Mitlesern angemerkt wird, ist: „Du hast vielleicht den Film gesehen, aber er zitiert aus wissenschaftlichen Arbeiten und Forschungen, also höre ich lieber auf ihn.“
So sei es damals für ihn angefangen, und damals sei er bei solchen Diskussionen alleine gewesen gegen 20 oder 30 Leute, während er mittlerweile zu Diskussionen stoße und sich denke: „Oh, ich muss ja gar nichts mehr sagen, weil Andere diesen Part schon übernommen haben. Diese Personen zitieren dieselben Arbeiten, die ich damals angegeben hatte, wie etwa die Arbeit von Simon et al 2009, wo es um die fehlgeschlagene Auswilderung von Keiko geht, die in einem von Experten geprüften Fachmagazin erschien.“ Andere Leute würden diese Arbeiten verlinken und das sei für ihn fantastisch zu sehen.
Dieser Weg verlange nicht, dass er im TV auftrete. Es sei Basisarbeit. Sie könne zwar schwierig sein, und man bekomme keine Anerkennung dafür, aber sie sei in gewisser Weise effektiv, weil man die Leute direkt erreiche, die von so Filmen wie Blackfish beeinflusst wurden.
Dr. Stafford fügt hinzu, dass, wenn die Presse anrufe, (auch wenn es um ein Thema geht, das nicht im eigenen Zuständigkeitsbereich liegt), es wichtig sei, eine Beziehung aufzubauen, damit man in Zukunft unter den Personen sei, die von der Presse zu einem Thema angerufen werden, zu dem man Antworten, Anweisungen oder Zitate liefern kann oder auf andere Kollegen verweisen kann, die besser für diese Unterhaltung geeignet wären. Man bekomme diese Einladungen nicht sehr häufig, und das Gute daran sei, sobald man sich als glaubhafter Gast oder Sprecher etabliert habe, würden sie immer wieder auf einen zurückgreifen, darum sollte man diese Beziehung aufbauen.
Das sei es, was gegen sie arbeite, im Vergleich zu Naomi Rose oder Lori Marino: Diese Autoren seien bekannte Größen, die alle Anfragen annehmen würden, um auf jeden Fall immer in die Presse zu kommen.
Um den Bereich zu erweitern, sollte man also immer, wenn man einen Anruf oder eine Email der Medien bekommt, alles tun um die Verbindung herzustellen. Auch wenn man zu Beginn erklärt habe, dass man nicht die Art Wissenschaftler sei, die sie suchen, könne man erläutern, dass man aus Erfahrung weiß, was passieren würde. Das sei oft effektiv und genug, um die Produzenten zufrieden zu stellen und einen im TV oder Radio auftreten zu lassen.
Kelly Jaakkola nennt eine weitere Sache, die gegen sie (die Wissenschaftler im Video) und für Naomi Rose, Lori Marino usw. arbeite: Was zähle als Neuigkeit, wenn man über Tiere rede, und speziell in dieser Debatte darüber, wie es Tieren in Delfinarien geht? Wenn man sage: „Dieses und jenes Tier hat die und die Probleme, wird misshandelt usw.“ sei das sofort in den Nachrichten. Wenn sie aber sage: „Hey, unseren Delfinen geht es großartig!“ komme das hingegen nicht in den Nachrichten. Sogar wenn diese Aussage der Wahrheit entspricht, würde sie zu keiner Reportage.
Deswegen müssten sie kreativer werden, um ihre eigene Sicht der Dinge zu verbreiten. Meistens, wenn man über das Wohlbefinden der eigenen Delfine oder anderen Tiere spräche, sei das nämlich dann, wenn Andere zuvor das Gegenteil behauptet hätten, (also in einer Form von Verteidigung).
Kathleen Dudzinski ergänzt, sie schaue nie Nachrichten, (außer vielleicht einmal die Woche um das Wetter zu erfahren und die wichtigsten Dinge), weil es im Grunde eine Kultur sei, zumindest in den USA, keine guten Neuigkeiten hören zu wollen. Sie würde sich die Nachrichten ansehen, wenn sie auch gute Neuigkeiten beinhalten würden, doch die meisten Leute wollten Reality-TV sehen. Sie sei überwältigt von der Menge an Reality-TV-Formaten die es gäbe, und in allen hätten die Leute ständig Probleme und es gäbe ständig Drama. Immer ginge es um einen Streitpunkt. Sie fragt sich, wann es dazu gekommen sei, denn es wäre flächendeckend der Fall. Nicht nur wenn es um Delfine ginge, sondern überall. Das sei das Bedauerliche daran: dass es die goldene Regel sei.
Als sie zum Kindergarten gegangen sei, hätte sie gewusst, dass sie das, was sie anderen antut, sich selbst antut. Deshalb fällt es ihr schwer, etwas so Unerhörtes zu sehen wie die Arbeit von Marino et al 2019, die so gegensätzlich zu ihrem Verständnis vom Prozess sei, mit dem man gute Wissenschaft veröffentlicht. Sie stimmt Jason Bruck zu, dass sie es nicht als ein Versehen ansieht, sondern dass die Autoren eine bestimmte Ansicht und Meinung verbreiten wollten und bereit waren, Alles dafür zu tun.
Dr. Stafford sagt, die Wissenschaft habe sich verändert, denn nun gäbe es Massenmedien und viele verschiedene Plattformen. Einige Forscher würden sich wohl dabei fühlen, die Rolle des Widersprechenden zu übernehmen, der aufzählt, aus welchen Gründen etwas nicht richtig ist, und Dinge aufzeigt, von denen er glaubt, dass sie in der Wildnis oder in Zoos geschehen. Das sei noch immer eine recht neue Rolle, gerade für Menschen wie die Wissenschaftler im Video, die bereits (mit dem Zensieren von Arbeiten, Halten von Vorträgen, Spendensammeln, und ins Feld gehen und Daten erheben) beschäftigt seien. Er fragt seine Gäste:
Indem sie wüssten, was sie wissen und Arbeiten anderer auf ihre eigene Weise korrigierten, (in Klassenzimmern, Meetings, online, sowie diesem Video), wie könnten sie ihre Ansichten überzeugender vermitteln? Und welche Lücken sähen sie in den Daten, die man betrachten müsse, wenn man Berichte wie den von Marino et al korrigieren wolle? Welche Lücken sollte man am Dringendsten schließen?
Kelly Jaakkola antwortet: Vor allem die Lebenserwartung von Delfinen; denn als sie ihren Bericht schrieben, schauten sie sich die Daten der Delfine in den USA von 1974 bis 2012 an (danach sei die Datenlage etwas unbeständig). Für sie wäre es toll, mehr Daten von verschiedenen Orten zu bekommen, von Delfinhaltungen und wildlebenden Delfinen. Es gäbe ja nur Daten zur Lebenserwartung von drei Populationen wilder Delfine (Tursiops truncatus) und hier auch nur von bestimmten Jahren.
Wo man also keine Daten habe, würden einen die Leute kritisieren mit Sätzen wie: „Nun ja, die Daten, die du hinzugezogen hast, waren von Delfinen, die gefährdet sind.“, was für zwei der drei Populationen auch zuträfe. Die Leute würden fordern, man solle auch Daten von anderen Populationen anschauen, und das würde Kelly Jaakkola sehr gerne. Sie bittet im Video diejenigen, die solche Populationen erforschen, ihr diese Daten zu geben. Es wäre so wichtig und relevant. Aber bis es Daten von einer Delfinpopulation gäbe, die in einem Paradies lebt, und somit andere Daten liefere, könnte sie nur auf vorhandene Daten zugreifen.
Dr. Stafford stellt eine Frage an Kelly Jaakkola und Kevin Willis und hofft, damit nicht in ein Wespennest zu stechen: „Müssen wir uns Daten von einer historischen Sicht aus anschauen?“ Denn früher wurde, laut Dr. Stafford, die Wildnis als Ausgangswert angesehen, als etwas Perfektes, wo alles so war, wie es sein sollte, und Gefangenschaft war die Abweichung und auf jeden Fall schlecht. Dagegen sähen sie heutzutage wilde Populationen, die in großen Schwierigkeiten sind. Müssten sie also einen Vermerk an alte Arbeiten machen und dazuschreiben: „Diese Daten wurden gesammelt, als es noch nicht so viele PCBs im Wasser gab“? (laut Wikipedia sind PCBs giftige, krebsauslösende, organische Chlorverbindungen, die heute bei Meeressäugern wie Orcas die Fortpflanzung be- oder verhindern und das Immunsystem beeinflussen, und so weltweit über die Hälfte der Orcapopulationen bedrohen.)
Müssten sie jetzt betonen, dass die Wildnis nicht länger ein feststehender Ausgangswert sei, sondern sich im Laufe der Zeit auch verändere und somit auch ihre Auswertungen beeinflusse?
Kevin Willis bejaht die Frage. Sie würden ja schon zeitliche Veränderungen kennen, im Bereich der Tierpflege; in der Umwelt, und das müsste beobachtet werden, um zu sehen, ob das die Dinge wirklich beeinflusst.
Sich anzuschauen, wie alt Tiere werden könnten, wäre so eindimensional. Wie sie leben, wäre wichtig. Wie könne man darüber Informationen sammeln? Was beeinflusse die Tiere tatsächlich? Es werde oft über Transportmortalität gesprochen (wenn ein Tier beim oder nach dem Transport zu einem anderen Park stirbt). Ist es gut für Tiere, transportiert zu werden, weil sie so Neues kennen lernen und sich soziale Gefüge ändern? Oder ist es erstmal stressig für sie und erst später vorteilhaft? Es gäbe noch so Vieles, das man sich anschauen müsse, was über die Frage „Ist es gestorben?“ hinausgehe.
Dr. Stafford wendet sich an Andreas Fahlman. Er würde für seine Forschung in Küstennähe lebende Delfine, -sowie deren eher flache Habitate-, mit Delfinen bei Bermuda vergleichen, die tief tauchende Tiere seien. Seine Daten würden darauf hindeuten, dass es keine wirklichen Unterschiede zwischen ihnen gebe. Ob das richtig sei.
Andreas Fahlman bejaht. Es sei immer einfach, zu sagen, es sei unterschiedlich, ob man hier oder da lebe, und auch er selbst würde das glauben, wenn er nicht in diesem Forschungsbereich arbeiten würde. Aber wenn man die Daten nicht habe, könne man nicht einfach behaupten: „Die Lungenfunktion kann nicht gleich sein, weil sie ja nicht… (im selben Lebensraum leben).“ Er würde antworten: „Doch, sie ist gleich! Hier sind die Daten! Sammle doch selbst andere Daten wenn du kannst, und beweise mir dann, dass es anders ist!“
Es sei immer einfach zu behaupten, (ein Delfin-Pool) sei ein Beton-Gefängnis. Aber dann sollte es auch objektive Daten dazu geben. Das Leben ist unterschiedlich, aber ist es schlechter? Was braucht ein Delfin wirklich?
Er denkt, Kathleen Dudzinski sei die Expertin dazu. Denn sie habe den Vergleich gemacht zwischen in Menschenobhut lebenden, und frei lebenden Delfinen. Und, hier würde er sie zitieren, ‚das Verhalten unterscheidet sich nicht‘.
Sie hätten also diese Daten, und mit Technologie könnten sie sich alles ansehen, und den Maßstab finden. Das würden sie schon mit Meeresschildkröten machen und sie würden es hoffentlich auch mit Delfinen machen können. Die Forschung dazu habe schon begonnen.
Man könne sich Verhaltensänderungen bei Tieren anschauen, wenn diese glücklich oder traurig sind, und so den Maßstab finden. Gute Aquarien würden dann, genau wie gute Restaurants, ihr Verhalten anpassen, wenn etwas nicht optimal sei.
Schlechte Aquarien sollten seiner Meinung nach aussortiert werden. Man sollte ihnen sagen: „Ihr solltet keine Meeressäuger halten! Ihr solltet vielleicht Kakerlaken halten.“ Das ist es was sich verändern müsse; die Einrichtungen die einen guten Job täten, die transparent mit ihren Zielen wären, bräuchten wirklich Schutz in ihrer Funktion als Lehrorte und Forschungseinrichtungen, genauso wie man bedrohte Tierarten schützen müsse. Denn diese Einrichtungen böten so wichtige und ausschlaggebende Forschungsmöglichkeiten für ihn und andere.
Für Kathleen Dudzinski ist Folgendes entscheidend: (ob es um die Forschung und Daten ginge, die Kevin Willis, Kelly Jaakkola, und alle Anwesenden präsentiert hätten, oder um die Lücken in diesen.) Wenn sie ihre Vergleiche machen würden von Delfinen in unterschiedlicher Umgebung, (in Menschenobhut, in der Wildnis, in verschiedenen Gebieten, ob künstliches Becken oder natürliche Lagune,) würden sie immer den genau gleichen Annahmen und dem gleichen Protokoll folgen, um ihre Daten zu sammeln und zu analysieren.
Viele der früheren Literaturquellen, die gefangene und wilde Delfine verglichen, hätten Studien hinzugezogen, die unterschiedliche Vermutungen, Hintergründe und Details hatten, und hätten diese dann verglichen. Das sei aber, als würde man Äpfel mit Birnen vergleichen.
Am jetzigen Punkt ihrer Forschung würde sie der Frage „in Menschenobhut oder wild lebend?“ gar nicht mehr nachgehen, denn sie habe ein Jahrzehnt lang Daten gesammelt, die zeigen würden, dass es keine Unterschiede gibt zwischen Delfinen in natürlichen Lagunen, zwei Gruppen wildlebender Delfine und Delfinen in menschengemachten Pools. Deswegen sei es für sie keine Frage mehr. Sie wolle als Nächstes unter diesen Voraussetzungen einen ähnlichen Vergleich machen zwischen dem Verhalten von sozial lebenden Tieren, nämlich zwischen Delfinen und Primaten; und Delfinen und Vögeln wie Raben.
Sie, Heather Hill und eine weitere Kollegin, Maria Batera, hätten kürzlich herausgefunden, dass meistens, wenn Delfine und Schimpansen verglichen würden (…), gesagt würde: „Ja sie sind wirklich gleich, sie machen alles gleich.“ aber wenn man das Wesentliche des Verhaltens anschaue und direkt vergleichen wolle, seien sie eben nicht gleich. Die Unterschiede in der Entwicklung eines Primatenbabies zu einem Delfinbaby seien vorhanden, sie seien nicht eins zu eins gleich.
Wo also die Unterhaltungsliteratur behauptete, Delfine seien schwimmende Affen, müsse sie widersprechen: Es gäbe Ähnlichkeiten, weil Beide soziale Tiere sind, aber wenn man es näher betrachte und direkte Vergleiche machen wolle, müsse man etwas Abstand gewinnen, weil die Voraussetzungen, unter denen die Daten gesammelt wurden, unterschiedlich waren. Da fehlt ihrer Meinung nach also noch Forschung zu.
Dr. Stafford findet, Kathleen Dudzinksi solle Marino et al das wissen lassen.
Dann erteilt er Jason Bruck noch einmal das Wort.
Jason Bruck möchte sich auf etwas beziehen, das Andreas Fahlman über gute und schlechte Einrichtungen gesagt hat: Da gäbe es eine differenzierte Abstufung, während Arbeiten wie die von Marino et al 2019 alle Abstufungen auslöschen würden.
Man könne keine echten Diskussionen über Tierwohl haben, wenn die Antwort: „Alles oder nichts“ laute. Das stelle die Seite von Marino in eine „Anti-Delfinarien-Ecke“ und die im Video anwesenden Forscher in eine „Pro-Delfinarien-Ecke“, aber darum gehe es bei der echten Diskussion nicht. Die müsse nach einer verantwortungsvollen Haltung fragen und wie eine solche aussehen sollte. Dafür würden Jason Bruck und seine Kollegen plädieren. Das hieße nicht automatisch, man solle die Delfine aus den Pools nehmen, in denen sie leben, und sie einfach raus in die Wildnis schmeißen mit den Worten „Viel Spaß mit den Umweltgiften“, sondern er und seine Kollegen wollten eine differenzierte Diskussion, die mehrere Faktoren in Betracht zieht. Die funktioniere aber nicht mit kurzen Zitaten, weil es komplizierter sei. Das sei eine weitere Meinungsverschiedenheit, die sie überwinden müssten, mit dem Ziel, den Tieren gerechter zu werden, indem man eine differenzierte Diskussion darüber habe, was gut und schlecht sei und wie man das Schlechte beheben könne. Er findet, die Art von Arbeit, die Marino et al 2019 lieferte, verhindere so eine Diskussion, denn sie stecke Menschen in Schubladen: „Entweder ihr seid für uns oder gegen uns“. Solange es diese Denkweise gäbe, könne man in der wissenschaftlichen Literatur keine Fortschritte machen im Tierschutz. Zoos und Aquarien würden Großartiges leisten, um ihre eigene Tierhaltung zu verbessern, doch das geschähe nicht unbedingt in der Literatur, solange so Arbeiten wie die von Marino et al 2019 veröffentlicht würden.
Dr. Stafford resümiert, dass die größten Verlierer in der ganzen Sache die wilden Populationen seien. Denn sie könnten nicht die Drohnen-Daten von Bruck, die Populations-Daten von Willis und Jaakkola, die Kommunikations-Daten von Dudzinski und Hill oder die Tauchbiologie-Daten von Fahlman sehen, deshalb seien die ultimativen Verlierer die zukünftigen Generationen von Meeressäugetieren – und Menschen. Im eigenen Interesse wisse er daher die Arbeit seiner Videogäste zu schätzen(…) und er will allen für ihre vorausschauende Meinung danken und dafür, ihre eigene Arbeit zu bewerben und nicht so gute Arbeiten anderer anzuprangern. Er hofft auf einen zukünftigen Podcast mit seinen Gästen, und betont, dass dies die erste Videoversion eines Zoo Logic Podcasts sei. Sie seien gewissermaßen seine Testobjekte gewesen und hätten sich gut geschlagen.
Andreas Fahlman sagt, er könne der Aussage, Wissenschaft sei langweilig, nicht zustimmen. Sie müssten die Ansicht ändern. Man müsse nur Kindern in die Augen sehen, und für diese dann (…) die Wissenschaft besser kommunizieren. Und vor allem, wenn es um die Society for Marine Mammalogy gehe, müssten sie da sein, Kommunikationswissenschaft unterrichten und dadurch die Berichte ändern.
Das Andere sei das, was Jason Bruck empfohlen habe, sie müssten die Ansichten über Tierwohl ändern: Als Beispiel nennt er die 40 Orcas, die in Menschenobhut leben, gegenüber 300.000 Meeressäugern die (jährlich) in Fischernetzen ersticken…
(…) Das sollten sie getreu ihrer Daten, ihrer Methodiken und ihres Berufes machen, findet Dr. Stafford. Sie hätten das im Podcast getan. Im ersten Teil des Videos hätten sie eine fesselnde Geschichte präsentiert, über das, was wahrheitsgemäß und was unwahr ist. Genau diese Art des Präsentierens sei wirkungsvoll, motivierend und inspirierend. Er dankt seinen Gästen erneut und damit endet das Video.
Ich bedanke mich bei Dr. Stafford für die Erlaubnis, sein Video zu übersetzen, so gut es mir möglich war.
Thank you Dr. Stafford for letting me translate your video! I hope I did it correctly so that some german readers might learn about the mistakes in „Marino et al 2019“ and how to look for mistakes in such works and fight for correct science.